Unternehmen stärken! Erfolgreiche Wege und Hebel der Industrieforschung

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Industrieforschung

Während der EuroBLECH berichteten am EFB-Gemeinschaftsstand Vertreter von KMU, Großunternehmen und einer Forschungsstelle über die Möglichkeiten und Vorteile der industriellen Gemeinschaftsforschung. Das Gespräch moderierte Dr. Norbert Wellmann, Geschäftsführer der EFB.

Wellmann: Innovative und forschende Unternehmen sorgen in Deutschland für Arbeitsplätze und Wohlstand, und sichern so ihre eigene Wettbewerbsfähigkeit und Zukunft nachhaltig. Wir zeigen heute, wie sich Unternehmen an Grundlagenforschung zusammen mit den kompetentesten Forschungsinstituten beteiligen können.

Zum Gespräch haben wir Vertreter von kleinen, mittelständischen und einem großen Unternehmen sowie eines großen Forschungsinstitutes eingeladen, über ihre langjährigen Erfahrungen zu berichten, da sie in vielen Projekten mitgewirkt haben: Wie einfach es ist, über die EFB in solche Projekte eingebunden zu werden, um effektiv nutzbare Ergebnisse zu gewinnen; wie sie das Technologienetzwerk zum Wissensaustausch nutzen; wie sie dadurch einen ständigen technologischen Vorsprung erarbeiten und damit ihre Position stärken.

PK-gesamt

Gesprächsrunde zur Industrieforschung
Von links: Dr. Norbert Wellmann, EFB - Wilfried Jakob, Präsident der EFB - Mathias Schwarzendahl, H&T ProduktionsTechnologie GmbH & Co. KG, Crimmitschau - Dr. Rainer Beyer, Eckold GmbH & Co. KG, St. Andreasberg - Dr. Ingo Neubauer, simufact engineering gmbh, Hamburg - Konrad Schnupp, Schnupp GmbH & Co. Hydraulik KG, Bogen - Dr. Frank Weber, Daimler AG, Sindelfingen - Professor Dirk Landgrebe, Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik, Chemnitz - Martin Flaischerowitz, F+K Werkstoffprüfung und Labor GmbH, Wetter

Frage an Herrn Wilfried Jakob, Präsident der Europäischen Forschungsgesellschaft für Blechverarbeitung e.V., Hannover und ehemals Mitglied des Vorstandes der Schuler AG, Göppingen: Zunächst wollen wir den Begriff klären: Wie unterscheidet sich Industrieforschung von Grundlagenforschung?

Jakob: Grundlagenforschung, wie sie z.B. von den Max-Planck-Instituten betrieben wird, fragt nach dem allgemeinen und grundlegenden Erkenntnisgewinn ohne unmittelbaren Anwendungsfall.
Entwicklung zielt auf einen konkreten Nutzen, der sich künftig umsetzen lässt. Viele Großunternehmen haben eigene F&E-Abteilungen, die neue Produkte und Verfahren entwickeln.

Dazwischen ist die Industrielle Gemeinschaftsforschung angesiedelt, abgekürzt IGF, ein Förderprogramm vom Bundeswirtschaftsministerium und der AiF (Arbeitsgemeinschaft der Industriellen Forschungsvereinigungen). Dabei arbeiten Unternehmen aus einer Branche mit universitären Forschungsstellen an anwendbaren Technologien.

In den Anfangsjahren der EFB ging es darum, allgemeine Standards und Normen zu schaffen. Das zumeist verstreut vorhandene Wissen wurde erfasst und systematisiert.
Doch heute stehen wir vor anderen Fragen. Beispielsweise werden zur Erfüllung der Leichtbauvorgaben neue Materialqualitäten entwickelt, wie z. B. die höchstfesten Stähle oder faserverstärkte Kunststoffe. Die Projekte der IGF liefern Antworten auf die Fragen, wie die Werkstoffe verarbeitet werden können, also Trennen, Umformen und Verbinden. Die Eigenschaften und Materialdaten werden für Alle möglichst gemeinsam und nur einmal, also kostensparend ermittelt.

Das ist wichtig für alle Mitspieler der Technologiekette wie die Halbzeughersteller, die Maschinen- und Werkzeughersteller, die Tribologen, die Stanzer und Füger, die Materialprüfer und Konstrukteure, letztlich bis hin zu den Instandhaltungs- und Reparaturbereichen.

Frage an Herrn Dr. Rainer Beyer, Geschäftsführer der Eckold GmbH & Co. KG, St. Andreasberg: Sie vertreten einen innovativen Systemhersteller und arbeiten bereits seit 30 Jahren in der EFB mit.

PK-Beyer

Beyer: Als wir damals das Clinchverfahren entwickelt haben, war Eckold noch ein kleines Unternehmen. Über die Mitarbeit in den Projekten der EFB konnten wir das Clinchen technologisch entwickeln, in der Branche vorstellen und etablieren.

Es war sehr einfach, eigene Projektideen fördern zu lassen.

Man geht z.B. auf die EFB-Arbeitskreise und beteiligt sich aktiv an laufenden oder neu entstehenden Projekten. Bei allen Fragen helfen die Forschungsstellen oder die EFB direkt. Eckold ist seit über 25 Jahren ständig in Projekten beteiligt. Heute sind wir von Beginn an in die Untersuchungen zu neuen Technologien eingebunden und können uns direkt auf die neuen Anforderungen einstellen. Das ist oftmals der entscheidende Vorsprung. Die EFB-Mitgliedschaft bereitet uns einen effektiven Zugang zur Wissens- und Vernetzungsplattform.

Frage an Herrn Dr. Frank Weber, Leitender Mitarbeiter und Aufsichtsratsmitglied der Daimler AG, Sindelfingen: Daimler als Automobilhersteller und Großunternehmen hat natürlich eigene Forschungsabteilungen. Was ist Ihre Motivation bei der gemeinsamen Industrieforschung mitzumachen?

Weber: Solche Fragestellungen, wie eben angeschnitten, sind für uns natürlich sehr entscheidend. Daimler hat einen technologischen Führungsanspruch so wie einige andere Premiumhersteller.

Wir benötigen Zulieferer aus allen Bereichen, die wir gut kennen, die technologisch führend und verlässlich sind.

PK-Weber

Bei den sich weiter verkürzenden Produktzykluszeiten und den neuen Herausforderungen der Elektromobilität können robuste Lösungen nur mit gemeinschaftlichem solidem Grundlagen- und Basiswissen bewältigt werden.

Außerdem gewinnen wir viel Zeit, wenn das Rad nicht immer wieder neu von jedem Einzelnen erfunden werden muss. Wir halten hier engen Kontakt zu unseren Zulieferern, mit denen wir gemeinsam an Projekten beteiligt sind.

Und nicht zu vergessen ist natürlich der Personal-Recruiting-Effekt durch Projekte. Wir lernen künftige Mitarbeiter direkt im technischen Prozess kennen.

Frage an Herrn Dr. Ingo Neubauer, Entwicklungsleiter der simufact engineering gmbh, Hamburg: Simufact ist in einer stetigen Erfolgsgeschichte zu einem markrelevanten Innovationstreiber gewachsen. Was sind aus Ihrer Sicht die unverzichtbaren Vorteile der Mitarbeit in der Projektarbeit der EFB?

PK-Neubauer

Neubauer: Wir als Software-Anbieter sind schon früh in die Industrieforschung eingetreten. Nach der Gründung hätten wir eigene Forschungsprojekte kaum finanzieren können. Materialdaten und -modelle sind für uns Kernthemen. Zum Glück fördern die Projekte der EFB ja besonders die Teilnahme von KMU.

Der finanzielle und personelle Aufwand ist für uns überschaubar – und wir haben Zugang zu allen Ergebnissen, auch von Projekten, in denen wir nicht mitarbeiten können.

Indem wir unser Know how hier mit einbringen, können wir unsere Programme schon früh in der Praxis im Hinblick auf neue Technologien testen. Und die Kunden und Anwender, mit denen wir in den Projekten zusammenarbeiten, wie Blechumformer, Füger oder OEM, kennen unsere Produkte und Lösungen bereits, so dass sie schnell im Markt auf breiter Ebene Akzeptanz finden. Neue Anwender und Käufer lassen sich danach schnell überzeugen.

Frage an Herrn Konrad Schnupp, Unternehmensgründer und Eigentümer der Schnupp GmbH & Co. Hydraulik KG, Bogen: Sie sind ein Maschinenhersteller. Wie sehen Sie die Relevanz der Industrieforschung?

Schnupp: Mit unserer Konstruktionsabteilung sind wir natürlich nahe dran an den Kundenwünschen. Für deren Bedürfnisse bauen wir maßgeschneiderte Anlagen mit hausgemachten Spezialitäten.

Dennoch blicken wir über den Tellerrand hinaus, was sich in der Branche tut und welche weitere mögliche Anwendungen und Kunden es geben kann.

Am Anfang unserer Mitarbeit bei der EFB haben wir genau geschaut, wo sich ein interessantes Projekt für uns auftut, dann sind wir dazu gestoßen. In der Regel hat mindestens einer unserer Kunden im Projekt mitgearbeitet.

PK-Schnupp

So lernten wir auch deren aktuellen Wünsche und zukünftigen Bedürfnisse besser kennen und konnten andererseits unsere Fähigkeiten vermitteln.

Heute kennen wir die Forschungsstellen, die unsere Fragen bearbeiten und finden unter den EFB-Mitgliedern andere, die das auch interessiert und mit denen wir dann zusammenarbeiten – das sind nicht nur Maschinenhersteller, sondern Dienstleister, Schmierstoffhersteller, Materialprüfer.

Frage an Herrn Martin Flaischerowitz, Unternehmensgründer und geschäftsführender Gesellschafter der F+K Werkstoffprüfung und Labor GmbH, Wetter: Sie sind langjährig in vielen Projekten bei der EFB beteiligt und haben Ihr Unternehmen stabil entwickelt. Wie einfach kann man sich an Projekten beteiligen? Wie ist der Nutzen aus Ihrer Sicht?

PK-Flaischerowitz

Flaischerowitz: In der Gründungsphase von F+K Werkstofftechnik hatte ich, wie üblich in dieser Situation, das Problem, dass man bekannt werden will und Kunden mit der Leistungsfähigkeit überzeugen muss.

Man will die Anforderungen des Marktes kennenlernen und vor allem wissen, wo die Reise in der Zukunft hingeht.


Haben wir die richtigen Methoden und Dienstleistungen? Dies funktioniert sehr einfach in der gemeinsamen Projektarbeit. Wir gehen zu den Facharbeitskreisen der EFB, oder tragen die Fragestellungen über die Forschungsstellen an die EFB heran oder bringen sie direkt bei der EFB ein.

Hier werden wir auch beraten, welcher Arbeitskreis und welches Programm für uns passend ist. Wir sind bei über 30 Projekten beteiligt und haben dort gewinnbringende Kontakte zu einer Vielzahl von Mitarbeitern von heutigen Kunden knüpfen können.

Oftmals sind daraus auch neue Ideen und Projekte entstanden, die uns einen technologischen Vorsprung gebracht haben. So können wir z. B. bei den neuen Trends im Bereich der Werkstoffe immer frühzeitig mit unserem Angebot reagieren.

Frage an Herrn Mathias Schwarzendahl, Geschäftsführer der H&T ProduktionsTechnologie GmbH & Co. KG, Crimmitschau: Ihr Unternehmen produziert hochwertige Bauteile und Komponenten, insbesondere für die innovative KFZ-Industrie. Industrieforschung mit Partnern – wie wichtig ist dies für H&T?

Schwarzendahl: Wir bewegen uns mit unseren Produkten immer am Trend und manchmal im Grenzbereich. Wir verarbeiten neue Werkstoffe wie höchstfesten Stahl für Präzisionsteile und Leichtbau und werden von unseren Kunden stets zu besonderer Qualität und wirtschaftlicher Produktion motiviert.

Neues können wir nur robust realisieren, wenn wir die Prozesse beherrschen und präzise voraussagen können.

Hier liefert unsere Mitarbeit in der Industriellen Gemeinschaftsforschung wichtiges Grundlagenverständnis für die Verarbeitung neuer Werkstoffe jenseits bekannter Grenzen.

PK-Schwarzendahl

Hinzu kommt der Erfahrungsaustausch mit anderen Experten, und da man all das nicht selber untersuchen, geschweige denn finanzieren kann, schließt man sich zu Projektgruppen zusammen und klärt die Fragen gemeinschaftlich.

Frage an Herrn Professor Dirk Landgrebe, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik, Chemnitz: Bisher haben wir die Meinungen der Unternehmen in unserem Forschungsverbund gehört. Wie stehen denn die Forschungsstellen zur Industrieforschung?

PK-Landgrebe

Landgrebe: Die Institute und Unternehmen befruchten sich gegenseitig.

Die Programme der Gemeinschaftsforschung und der KMU-Förderung werden ja vom BMWI und der AIF über die Forschungsvereinigungen wie z.B. die EFB gefördert. Die andere Sichtweise der AiF-Projekte ist das ideale Vehikel, um Grundlagenforschung in die Industrie zu bringen.

Die Wissenschaftsministerin, Frau Wanka, beklagt zwar, dass die Forschung zunimmt, die Kosten für Forschung steigen, aber die Innovationen zurückgehen. Diese Drittmittel sind eine wesentliche Finanzierungsgrundlage unserer Institute.

Über den Wissenstransfer durch Veröffentlichungen, Tagungen und Messebeteiligungen wie hier auf dem EFB-Stand partizipieren alle Mitglieder an den Ergebnissen und werden dann in der Branche verbreitet.

Der enge Kontakt zu den Industrieunternehmen während der Projekte gibt unseren Wissenschaftlern die Möglichkeit, die Bedarfe der Industrie genau kennen zu lernen und sich hier schon für ihren Einsatz in der Industrie profilieren.

Ich will Ihnen 2 Beispiele nennen: Das IWU hat sich mit dem Projekt „Intelligente Prozessführung beim Presshärten" schon mit Aspekten von Industrie 4.0 beschäftigt, als der Begriff noch gar nicht so in aller Munde war. Oder das Clinchen dicker Bleche (> 16 mm): In der Gemeinschaftsforschung wurde die Technologie entwickelt, die Robustheitsanalysen durchgeführt und letztlich in die Industrie eingeführt. Die heutigen Anwender sind LKW-Bauer und die Bahn, die Stahlkonstruktionen zu minimalen Kosten mit hoher Ermüdungsfestigkeit, korrosionsstabil bauen können.

PK-Moderation

Wellmann: Wir haben die verschiedenen Aspekte kennengelernt, wie die Beteiligung an Industrieforschung Unternehmen stärken kann – dafür möchte ich den Teilnehmern dieser Runde herzlich danken.

Alle Unternehmen haben die Möglichkeit, konkrete Projekte der IFG (Industriellen Gemeinschaftsforschung im Rahmen der EFB oder anderer Forschungsvereinigungen der AiF (Arbeitsgemeinschaft der Industriellen Forschungsvereinigungen) fördern und durchführen zu lassen.

Wir möchten Sie ermutigen, diese Chance zu nutzen und mit der EFB oder mit Forschungsinstituten Kontakt aufzunehmen und sich beraten zulassen.

 


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