Funktionsstrukturen in Sandwichbauweise durch Kragenziehen mit verlorenen Stempeln
Verfasser:
Prof. Dr.-Ing. Dipl.-Wirtsch.-Ing. Peter Groche, M. Sc. Thiemo Germann, M. Sc. Dominic Griesel, Institut für Produktionstechnik und Umformmaschinen, Technische Universität Darmstadt
96 Seiten - 78,00 EUR (sw, 68 teils farbige Abb., 5 Tab.)
ISBN 978-3-86776-655-5
Zusammenfassung
Sandwichbleche bieten große Potenziale in Bezug auf Leichtbau, Funktionsintegration sowie Schwingungs- und Geräuschverhalten. Eine große Herausforderung stellt die Füge-technik zwischen Sandwichblechen sowie zu anderen Bauteilen dar.
Ziel des Projektes ist es, die Marktreife von Sandwichblechen zu erhöhen. Dazu wird ein spezielles prozessintegrierbares Fügeelement entwickelt, das eine produktgerechte und effiziente Krafteinleitung ermöglicht.
Aufbauend auf den Erkenntnissen aus dem Vorgängerprojekt „Kragenziehen von Sandwichblechen" (IGF-Vorhaben 18773N) wird ein Fügeelementkonzept entwickelt, das eine versteifte Fügestelle durch Kragenziehen erzeugt und anschließend im Bauteil verbleibt. Dieser „verlorene" Stempel dient als Fügestelle.
Mit Hilfe eines speziell für die Umformung von Sandwichblechen entwickelten Simulationsmodells wird zunächst numerisch ein Konzept für die Fügeelemente entwickelt, das die gestellten Anforderungen erfüllt. Für dieses Konzept wird die Machbarkeit anhand von Vorversuchen nachgewiesen und das Designkonzept finalisiert.
Im abschließenden Prozess wird das Fügeelement als Hülse auf einen Stempel aufgebracht. Dieser bringt das Fügeelement in das vorgelochte Sandwichblech ein. Dabei wird der Kragen durch einen Niederhalter erzeugt. Nach dem ersten Prozessschritt verbleiben Niederhalter und Stempel in ihrer Position, bis ein Gegenstempel von unten gegen das Fügeelement gefahren ist.
Dieser legt das hülsenartige Ende des Fügeelements (nachfolgend Schaft genannt) um, so dass das Fügeelement den aufgestellten Kragen umschließt. Hierbei wird eine Klemmkraft aufgebaut, die die form- und kraftschlüssige Verbindung des Fügeelementes sicherstellt. Die umgeformte Geometrie sichert zudem eine werkstoffgerechte Krafteinleitung vom Fügeelement in das Sandwichblech.
Für den abgeleiteten Entwurf wird ein auf variable Prozessvariation ausgelegtes Werk-zeug konstruiert, dass in eine bestehende hydraulische Versuchspresse integriert wird. Es ermöglicht eine flexible Veränderung der Fügeelemente, der Stempelgeometrie sowie des Gegenstempels und Hubs. Nach der Inbetriebnahme des Werkzeugs werden verschiedene Validierungsuntersuchungen durchgeführt.
Es zeigt sich, dass als Fügeelement-Werkstoff insbesondere die Stähle 1.5511 sowie 1.4301 geeignet sind. Hinsichtlich der Umformbarkeit erweisen sich tangentiale Spannungen am Schaftende der Fügeelemente als kritisch, radiale Risse sind stets die Folge. Mittels eines alternativen Umformprozesses, der eine Aufweitung im Mittelteil des Elementes erzeugt, kann dennoch eine sichere Verbindung erzielt werden.
Hierbei ist es von besonderer Bedeutung, die Prozessparameter (Sandwichblechdicke, Vorlochdurchmesser, gezogene Kragenhöhe, Schaftlänge, Kompressionslänge) abzustimmen. Andernfalls kommt es Prozessfehlern. Hierfür ist das numerische Simulationsmodell als geeignete Möglichkeit für eine präzise und effiziente Prozessauslegung bestätigt worden.
Anhand eines speziell entwickelten Versuchsaufbaus wird mit Zugversuchen die Verbundfestigkeit untersucht. Die Versuche zeigen, dass das entwickelte Fügeelement in der Lage ist, die gängigen Anforderungen vergleichbarer Nietmuttern für Blechverbindungen zu erfüllen. Axiale Zugkräfte >2 kN können übertragen werden, bevor ein Stabilitätsversagen durch Beulen des Sandwichbleches bzw. Umklappens des Sandwichkragens eintritt. Die plastische Entformung des Fügeelementes erfolgt anschließend, was als sicheres Versagen angesehen werden kann, da die ertragbare Axialkraft nochmals geringfügig steigt.
Auch hier zeigt sich eine gute Übereinstimmung mit numerischen Untersuchungen. Mit einem Losbrechmoment von durchschnittlich < 5 Nm liegen die Fügeelemente deutlich unter den Anforderungen von ca. 20 Nm. Hierzu werden erfolgsversprechende Optimierungsvorschläge gegeben. Die übertragbare Axialkraft bleibt davon unberührt. Abschließend wird eine fertigungsoptimierte Variante abgeleitet, die für eine wirtschaftliche Umsetzung geeignet ist.
Auf Basis der Projektergebnisse ist es mit geringfügigen Weiterentwicklungen möglich, produktionsintegrierbaren, werkstoffoptimiertes Fügeelementgeometrie für Sandwichbleche umzusetzen. Das Ziel der Erhöhung der Marktreife von Sandwichblechen kann somit als erreicht angesehen werden.
Förderhinweis
Das IGF-Vorhaben „Funktionsstrukturen in Sandwichbauweise durch Kragenziehen mit verlorenen Stempeln" der Forschungsvereinigung EFB e.V. wurde unter der Fördernummer AiF 21405N über die Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen (AiF) im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Der Abschlussbericht ist als EFB-Forschungsbericht Nr. 596 erschienen und bei der EFB-Geschäftsstelle und im Buchhandel erhältlich.
Summary
Sandwich sheets offer major potential in terms of lightweight construction, functional integration and NVH behavior. A main challenge is the joining technology between sandwich sheets as well as to other components.
The aim of the project is to increase the marketability of sandwich sheets. Therefore, a special process-integrable joining element is developed, which allows a product-oriented and efficient force application.
Building on the findings from the previous project "Collar drawing of sandwich sheets" (IGF project 18773N), a joining element concept is developed which creates a stiffened joint by collar drawing and then remains in the structural component. This "lost" punch serves as the joining point. Using a numerical simulation model developed specifically for the forming of sandwich sheets, a concept for the joining elements is first developed which meets the specified requirements.
The feasibility of this concept is demonstrated by means of preliminary tests and the de-sign concept is finalized. In the final process, the joining element is applied as a shell to a punch. The punch inserts the joining element into the pre-punched sandwich sheet. The collar is created using a blank holder.
After the first process step, the blank holder and punch remain in position until a counter punch has moved against the joining element from below. The punch folds over the sleeve-like end of the joining element (referred to below as the shank) so that the joining element encloses the erected collar. This builds up a clamping force which ensures the positive and non-positive connection of the joining element. The formed geometry also ensures material-specific force transmission from the joining element to the sandwich sheet.
For the resulting design, a tool designed for flexible process variation is constructed and integrated into an existing hydraulic test press. It allows flexible modification of the joining elements, the punch geometry as well as the counter punch and stroke. After implementation of the tool, various validation tests are carried out.
It is shown that the steels 1.5511 and 1.4301 are particularly suitable as joining element materials. With regard to formability, tangential stresses at the shank end of the joining elements prove to be critical, and radial cracks are always the consequence.
By means of an alternative forming process that produces an expansion in the central part of the element, a secure connection can nevertheless be achieved. In this case, it is particularly important to coordinate the process parameters (sandwich plate thickness, pre-hole diameter, drawn collar height, shaft length, compression length).
Otherwise, process errors will occur. For this purpose, the numerical simulation model has been confirmed as a suitable option for precise and efficient process design.
Using a test set-up specially developed for this purpose, tensile tests are carried out to investigate the bond strength. The tests show that the developed joining element is capable of meeting the common requirements of comparable rivet nuts for sheet metal joints. Axial tensile forces >2 kN can be transmitted before a stability failure occurs due to buck-ling of the sandwich sheet or folding over of the sandwich collar.
Subsequently, plastic deformation of the joining element occurs, which can be regarded as a safe failure, since the axial force that can be transmitted increases again slightly. Here, as well, a good agreement with numerical investigations is shown.
With an average breakaway torque of < 5 Nm, the joining elements are clearly below the requirements of approx. 20 Nm. Promising optimization proposals are given for this. The transmissible axial force remains unaffected. Finally, a production-optimized variant is derived which is suitable for economic implementation.
Overall, the project results provide a basis on which it is only necessary to make a few adjustments in order to achieve the target of a joining element geometry that can be integrated into production and can serve as a material-optimized joining element for sandwich sheets. The objective of increasing the marketability of sandwich panels can thus be considered to have been achieved.
Inhaltsverzeichnis
Zusammenfassung
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis und Formelzeichen
1 Einleitung
2 Stand der Technik
2.1 Sandwichstrukturen
2.1.1 Aufbau
2.1.2 Berechnung von Kernverbunden
2.2 Fügen von Sandwichblechen
2.3 Umformung von Sandwichblechen
2.4 Kragenziehen
2.5 Kragen als Fügestellen
2.6 Kragenziehen von Sandwichblechen
3 Projektaufbau und Arbeitsplan
3.1 Arbeitshypothese
3.2 Projektzielsetzung und Vorgehensweise
4 Versuchsanlagen und Messmittel
4.1 Dreifach wirkende hydraulische Versuchspresse (430 kN)
4.2 Zug-Druck-Prüfmaschine Zwick Roell 100
4.3 Metallographisches Labor
5 Gegenüberstellung der durchgeführten Arbeiten und des Ergebnisses mit den Zielen
5.1 Numerische Modellbildung (AP1)
5.2 FE- und Prozessauslegung (AP2)
5.3 Werkzeugentwicklung und -inbetriebnahme (AP3)
5.4 Ermittlung von Prozessgrenzen (AP4)
5.5 Prüfung und Bewertung (AP5)
6 Ergebnisse und Ausblick
7 Literaturverzeichnis