EFB-Forschungsbericht Nr. 358

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Effizienzsteigerung im Werkzeug- und Formenbau durch maschinelle Oberflächeneinglättung

EFB-358
Verfasser:
Prof. Dr.-Ing. Dipl.-Wirtsch.-Ing. Peter Groche, M.Sc. Manuel Steitz, Dipl.-Ing. Michael Engels, Institut für Produktionstechnik und Umformmaschinen der Technischen Universität Darmstadt - Prof. Dr.-Ing. Clemens Müller, Dipl.-Ing. Jan Scheil, Fachgebiet Physikalische Metallkunde am Institut für Materialwissenschaften der Technischen Universität Darmstadt - Prof. Dr. rer.nat. Günter Bräuer,  Dipl.-Ing. Kai Weigel, Fraunhofer Institut für Schicht- und Oberflächentechnik Braunschweig

180 Seiten - 99,00 EUR (sw, 26 teils farbige Abb., 66 Tab.)
ISBN 978-3-86776-398-1

 

Zusammenfassung

Die hohen Qualitätsanforderungen an die Endprodukte in der Automobilindustrie bedingen hohe Qualitätsanforderungen an die Oberflächengüte von Umformwerkzeugen beim Tiefziehen. Gleichzeitig ist ein stetiger Anstieg des Kostendrucks in der durch kleine und mittelständische Unternehmen geprägten Branche des Werkzeug- und Formenbaus zu beobachten. Um diesen Anforderungen erfolgreich zu begegnen, besteht ein Ansatz in der Optimierung der Prozesskette im Werkzeug- und Formenbau. Diese ist vor allem durch die abschließende manuelle Polierarbeit geprägt. Mittels Anwendung von Verfahren der maschinellen Oberflächeneinglättung besteht das Potenzial diesen Prozessschritt signifikant zu verkürzen. Die innovativen Fertigungstechnologien Festwalzen und Festklopfen bieten in diesem Zusammenhang die Vorteile einer erhöhten Produktivität bei gleichzeitiger Kostenersparnis.

Gegenstand des vorliegenden Forschungsvorhabens war daher die Untersuchung der Verkürzung der Prozesskette im Werkzeugbau durch Einsparung bzw. Verkürzung von einzelnen Prozessschritten. Neben der Oberflächeneinglättung zählte dazu auch die Nutzung der Randschichtverfestigung zur Steigerung der Belastbarkeit von Werkzeugbeschichtungen. Weiterhin wurde das Potenzial verschiedener Verfahrenserweiterungen analysiert. Gegenstand der Untersuchungen waren hier Abriebuntersuchungen von Blechen mit einer Magnesium-Zink-Schicht, das Einwalzen/Einklopfen dotierter Schmierstoffe und das mechanische Oberflächenlegieren.

In Arbeitspaket 1 konnte gezeigt werden, dass durch das Festklopfen und Festwalzen von Werkzeugoberflächen eine signifikante Einglättung der Frässtruktur möglich ist. Diese geht einher mit einer zusätzlichen Aufhärtung. Hierbei konnte der Einfluss industrierelevanter Prozessparameter hinsichtlich Einglättung und Aufhärtung für verschiedene Materialien geklärt werden. Die gewonnenen Daten bilden die Grundlage zur Ableitung von Handlungsrichtlinien für eine wirtschaftliche Anwendung beider Technologien im Werkzeug- und Formenbau. Das Verständnis der Einglättungsmechanismen konnte schließlich mit Hilfe von Finite-Elemente-Modellen erweitert werden. Der Materialfluss beim Festwalzen und Festklopfen wurde durch eine dreidimensionale Simulation analysiert. Ebenso wurden Bahnstrategien für die Bearbeitung von exponierten Geometrieelementen abgeleitet. In experimentellen Untersuchungen unter tiefziehähnlichen Belastungen wurde das verbesserte tribologische Verhalten von maschinell eingeglätteten Werkzeugen gegenüber konventionell behandelten Proben aufgezeigt.

Ziel der Haftfestigkeitsuntersuchungen in Arbeitspaket 2 war der Nachweis einer den polierten Oberflächen ebenbürtigen oder verbesserten Beschichtbarkeit. Weiterhin sollte die durch die maschinelle Einglättung erzielte Verfestigung hinsichtlich ihrer Eignung zur Stützung des Schichtsystems untersucht werden. Die mittels Festklopfen und Festwalzen jeweils in einer Variante „maximale Einglättung“ und maximale Aufhärtung“ vorbereiteten Proben wurden mit händisch polierten sowie gebrauchsüblich nitrierten und gehärteten Varianten gemeinsam mit drei verschiedenen, für die Umformtechnik entwickelten, Beschichtungen versehen. Die Untersuchungen zur Schichthaftung ergaben, dass die Oberflächen im maschinell eingeglätteten Zustand, nahezu unabhängig von Methode und Variante, ebenso oder besser beschichtbar sind als die händisch polierten Oberflächen. Im Falle der Gusseisen GJL-250 und GJS-HB265 werden zum Teil verbesserte Haftungseigenschaften durch die maschinelle Einglättung erreicht. Eine den etablierten Verfahren Vergüten und Nitrieren gleichrangige Stützwirkung der Beschichtung, zur Vermeidung des Eierschaleneffektes, konnte nicht nachgewiesen werden. Es findet zwar eine Verfestigung statt, die jedoch schwächer ausgeprägt ist als die Härtung durch die oben genannten Verfahren. Beim Streifenziehen mit maschinell eingeglätteten und beschichteten Proben konnte in keinem Fall ein Defekt der Beschichtung durch den Eierschaleneffekt erkannt werden. Die Proben wiesen das gleiche Verschleißverhalten auf, wie die konventionell nach dem Stand der Technik gefertigten Werkzeuge. Es kann somit erwartet werden, dass zu beschichtende Werkstoffe mit der Verkürzung der Prozesskette durch maschinelle Einglättung keine Qualitätseinbußen der Schichtfunktionen einhergehen. Weiterhin liegt die Vermutung nahe, dass die preisgünstigen Werkstoffe GJS-HB265 und GJL-250 durch die maschinelle Einglättung für eine Beschichtung besser qualifiziert werden, was deren Einsatzbereich erweitern kann.

In einer Erweiterung der Anwendungsfelder für die Verfahren Festwalzen und Festklopfen wurden im dritten Arbeitspaket Schmierstoffdepots in die Werkzeugoberflächen eingebracht. Zwar konnten die dafür genutzten Nanopartikel nicht in die randschichtnahe Grundmatrix der Werkstoffe eingebacht werden. Speziell beim globularen Grauguss verblieben die Nanopartikel jedoch auch nach Reinigung auf der Oberfläche und in den Sphärolyttaschen. Im darauf folgenden Streifenziehversuch zeigt sich das Potenzial, dass die Partikel eine reibungsmindernde Wirkung bei Tiefziehprozessen haben können.

Das Einbringen von Y2O3 Nanopartikeln in die Oberfläche von GP4M, welches Ziel von Arbeitspaket 4 war, konnte nicht erreicht werden. Allerdings konnte nachgewiesen werden, dass eine Schicht von abgeflachten Y2O3 Partikeln haftend auf der Oberfläche verbleibt. Um die Auswirkung dieser Partikelschicht auf das Abrieb- und Verschleißverhalten zu klären, sind weitere Untersuchungen nötig.

Bei der Absicherung der Prozesskette unter Produktionsbedingungen im fünften Arbeitspaket wurde das Verfahren Festklopfen im industriellen Umfeld getestet. Die im ersten Arbeitspaket erarbeiteten Parameterkombinationen wurden unter wirtschaftlichen Aspekten optimiert und konnten bei der Daimler AG in die industrielle Praxis überführt werden. Das in Arbeitspaket 2 erfolgreich getestete tribologische System zur Aluminiumumformung wird in weitergehenden Untersuchungen durch die Seidel GmbH (KMU) eingehender analysiert.
Basierend auf den Ergebnissen der Arbeitspakete 1 bis 5 wurden in Arbeitspaket 6 die Handlungsrichtlinien für die Umsetzung der Erkenntnisse in die Praxis ausgearbeitet. Die Handlungsrichtlinien lassen sich entsprechend der angestrebten Forschungsergebnisse in Optimierung der Oberflächentopologie, Aufhärtung des Oberflächenbereiches, Einbringen von Schmierstoffdepots und mechanisches Legieren aufteilen.
Das Ziel des Vorhabens wurde erreicht.

Das IGF-Vorhaben „Effizienzsteigerung im Werkzeug- und Formenbau durch maschinelle Oberflächeneinglättung“ wurde unter der Fördernummer AiF 357ZN von der Forschungsvereinigung EFB e.V. finanziert und betreut und über die Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen (AiF) im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung und -entwicklung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Der Abschlussbericht ist als EFB-Forschungsbericht Nr. 358 erschienen und bei der EFB-Geschäftsstelle und im Buchhandel erhältlich.

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1.    Zusammenfassung
2.    Ausgangssituation und Anlass für das Forschungsprojekt
2.1.    Ausgangsituation
2.2.    Anknüpfungspunkte aus vorausgegangenen Forschungsprojekten
3.    Zielsetzung
4.    Stand der Technik
4.1.    Werkstoffverhalten
4.1.1.    Kinematische Verfestigung
4.1.2.    Dehnratenabhängigkeit
4.2.    Tribologie
4.2.1.    Tribologisches System
4.2.2.    Tribologie bei Ziehprozessen
4.2.3.    Verschleißmechanismen
4.3.    Maschinelle Oberflächeneinglättung
4.3.1.    Wirkungsweise
4.3.2.    Festwalzen
4.3.3.    Festklopfen
4.4.    Finite-Elemente-Methode
4.4.1.    Grundlagen
4.4.2.    Simulation von Festwalzprozessen
4.4.3.    Simulation von Festklopfprozessen
4.5.    Beschichtungen
5.    Vorgehensweise
5.1.    Arbeitspakete
5.2.    Beschreibung der Werkzeuge
5.2.1.    Festwalzwerkzeug
5.2.2.    Festklopfwerkzeug
5.2.3.    Bearbeitungszentrum
5.3.    Messmethoden und Messmittel
5.3.1.    Metallografische Werkstoffpräparation und -charakterisierung
5.3.2.    3D-Vermessung der Oberflächentopografie
5.3.3.    Bestimmung der Rauigkeit mittels konfokalen Weißlichtmikroskopie
5.3.4.    Bestimmung der Rauigkeit mittels taktiler Messung
5.3.5.    Mechanische Charakterisierung der Werkstoffe
5.3.6.    Untersuchung der Schichthaftung
5.3.7.    Streifenziehversuch
5.3.8.    Verschleißmessung
6.    Analyse der Einglättungsmechanismen durch Festwalzen und Festklopfen
6.1.    Untersuchte Werkstoffe
6.1.1.    Hochlegierter Werkzeugstahl 1.2379
6.1.2.    Lamellarer Grauguss EN-GJL-250
6.1.3.    Globularer Grauguss EN-GJS-HB265
6.1.4.    GP4M
6.1.5.    Blechwerkstoffe
6.2.    Versuchspläne
6.2.1.    Optimierung der Versuchspläne zur Analyse der Einglättungsmechanismen
6.2.2.    Resultierende Versuchspläne zur Analyse der Einglättungsmechanismen
6.3.    Beschreibung der Probenkörper
6.3.1.    Geometrie
6.4.    Ergebnisdarstellung zur Analyse der Einglättungsmechanismen
6.4.1.    Ergebnisse: Einglättung durch Walzen
6.4.2.    Ergebnisse: Einglättung durch Klopfen
6.4.3.    Ergebnisse: Untersuchung des Anstellwinkels a
6.4.4.    Ergebnisse: Untersuchung des Bahnwinkels ß
6.4.5.    Ergebnisse: Untersuchung des Bearbeitungsaufmaßes
6.4.6.    Ergebnisse: Härtesteigerung durch Festklopfen
6.4.7.    Diskussion: Härtesteigerung durch Festklopfen
6.4.8.    Ergebnisse: Härtesteigerung durch Festwalzen
6.4.9.    Diskussion: Härtesteigerung durch Festwalzen
6.5.    FE-Simulation
6.5.1.    Modellaufbau
6.5.2.    Validierung
6.5.3.    Spannungen bei der Bearbeitung besondere Bahnpunkte
6.5.4.    Materialflussanalyse
6.6.    Streifenziehversuche
6.6.1.    Auslegung des Versuchsplans
6.6.2.    Ergebnisdarstellung
6.7.    Schlussfolgerung Arbeitspaket 1
7.    Untersuchung der Schichthaftung auf mechanisch randschichtverfestigten
Oberflächen
7.1.    Versuchsplan
7.2.    Ergebnisdarstellung
7.2.1.    Schichthaftungsprüfung mit dem Rockwell-Test
7.2.2.    Schichthaftungsprüfung mit dem Scratch-Test
7.2.3.    Fazit der Schichthaftungsbeurteilung
7.2.4.    Verfestigungswirkung der Verfahren Festwalzen und Festklopfen
7.3.    Streifenziehversuche
7.3.1.    Auslegung des Versuchsplans
7.3.2.    Ergebnisdarstellung
7.4.    Schlussfolgerungen Arbeitspaket 2
8.    Einwalzen/ Einklopfen dotierter Schmierstoffe
8.1.    Verwendete Schmierstoffe und Nanopartikel
8.2.    Durchführung Einwalzen und Einklopfen
8.3.    Ergebnisdarstellung
8.4.    Streifenziehversuche
8.4.1.    Auslegung des Versuchsplans
8.4.2.    Ergebnisdarstellung
8.5.    Schlussfolgerung Arbeitspaket 3
9.    Mechanische Oberflächenlegierung
9.1.    Durchführung mechanisches Legieren
9.2.    Ergebnisanalyse
9.3.    Streifenziehversuche
9.4.    Schlussfolgerung Arbeitspaket 4
10.    Absicherung der Prozesskette unter Produktionsbedingungen
10.1.    Durchführung
11.    Ableitung von Handlungsrichtlinien
11.1.    Optimierung der Oberflächentopologie
11.1.1.    Vorbehandlung des Grauguss
11.1.2.    Anstellwinkel a zur Flächennormalen beim Festklopfen
11.1.3.    Bearbeitungswinkel ß zur Fräsrichtung
11.1.4.    Wahl der Verfahrensparameter
11.1.5.    Erforderliches Bearbeitungsaufmaß
11.1.6.    Anzahl der Überwalzungen/ Überklopfungen
11.2.    Aufhärtung des Oberflächenbereiches
11.3.    Einbringen von Schmierstoffdepots
11.4.    Mechanisches Legieren
12.    Nutzen der Ergebnisse für KMU
13.    Literaturverzeichnis


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