EFB-Forschungsbericht Nr. 138

.

Anwendungsspezifische Weiterentwicklung des hydraulischen Rohr-Innendruck-Umformens zur Herstellung hohlförmiger Bauteile der Automobil- und Gerätebauindustrie

Verfasser:
Dieter Schmoeckel, Ralf Huber, Institut für Produktionstechnik und Umformmaschinen der Technischen Universität Darmstadt

ISBN 978-3-86776-269-4 - 83 Seiten, 43,90 €


Zusammenfassung

EFB/AiF-Forschungsvorhaben 10872 B

Die Verfahren des Innenhochdruck - Umformens zeichnen sich u.a. durch die Fertigung hohlförmiger Bauteile in einer kurzen Prozesskette aus. Während das Innenhochdruck - Umformen von Hohlprofilen schon seit geraumer Zeit in Großserie eingesetzt wird und auch schon zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen zu diesem Themengebiet durchgeführt wurden, ist das Innenhochdruck - Umformen von Blechen noch eine relativ junge Technologie, deren Verfahrensentwicklung und wissenschaftliche Durchdringung erst am Anfang steht.

Motivation für die Entwicklung dieser Verfahrensvariante ist die Herstellung hohlförmiger Blechbauteile aus zwei Platinenzuschnitten in nahezu einem Fertigungsschritt bzw. in einem Umformwerkzeug. Dies beinhaltet das gleichzeitige Ausformen zweier Halbschalen mit Innendruck, das Einbringen von Aussparungen in die Halbschalen durch Innenhochdruck-Schneiden und das Verbinden der Halbschalen durch den Einsatz der Druckfügetechnik im Umformwerkzeug. Die Realisierung dieser Verfahrensvariante ermöglicht gegenüber der bisher vorherrschenden Technologie Tiefziehen von zwei Halbschalen mit anschließenden Schneidoperationen und Fügen durch Schweißen eine Verkürzung der Prozesskette.

Insbesondere bei kleinen Stückzahlen können sich die durch diese Verfahrensvariante mögliche Einsparungen an Werkzeugen, Maschinenverfügbarkeiten und Handlings- und Lagerungskosten wirtschaftlich positiv bemerkbar machen. Gegenüber dem Innenhochdruck-Umformen von Hohlprofilen erlaubt diese Verfahrensvariante des Innenhochdruck-Umformens zum einen die Herstellung von Bauteilen die große Querschnittsänderungen über die Längsachse aufweisen und zum anderen den Einsatz von unterschiedlichen Werkstoffqualitäten und Blechdicken für ein Bauteil bzw. für die Halbschalen des Bauteils.

Im Rahmen dieses Forschungsvorhabens wurden für das Innenhochdruck-Umformen von unverschweißten Blechen die Verfahrensgrundlagen Zuführung des Umformmediums zwischen die Blechplatinen, Abdichtung der Blechplatinen im Flansch gegen den Innendruck, Konturausformen mittels Innendruck und Schneiden mit Innendruck untersucht sowie der Einsatz der Druckfügetechnik im Umformwerkzeug erprobt.

Das Werkstückstoffspektrum umfasste die gängigen Feinblechgüten im Automobil- und Gerätebau DCO4, AIMgG5Mn, ZStE340 und X5CrNi18 9 im Wandstärkenbereich 1 mm bzw. 1.15mm. Die untersuchten Andocksysteme, also die Art der Zuführung des Umformmediums zwischen die Blechplatinen, lassen sich prinzipiell in Andocksysteme innerhalb und außerhalb der Blechtrennebene einteilen. Bei den Andocksystemen außerhalb der Blechtrennebene kann noch unterschieden werden, ob das Andocksystem im Flansch oder in der Aufweitzone liegt.

Die durchgeführten Untersuchungen zeigten, dass jedes Andocksystem mit spezifischen Vor- und Nachteilen behaftet ist, die bei unterschiedlichen Bauteilgeometrien unterschiedlich zum Tragen kommen können. Die Auswahl eines Andocksystems für ein Bauteil hat demnach immer bauteilspezifisch zu erfolgen. Die im Rahmen dieses Forschungsvorhabens betrachtete Abdichtung der Blechplatinen gegen das Umformmedium im Flansch hatte zum Ziel alleine über eine ausreichende Flächenpressung zwischen den Blechen, welche über die Pressen-Schließkraft eingeleitet wird, abzudichten.

Durch eine gezielte Steuerung der Pressen-Schließkraft in Abhängigkeit des Innendrucks kann hierbei einerseits eine ausreichende Abdichtung gegen den Innendruck erreicht werden und anderseits ein Nachlaufen des Werkstoffes aus dem Flansch ermöglicht werden. Die Untersuchungen zeigten, dass die hierzu erforderliche Dichtkraft stark von den sich im Flansch einstellenden lokalen Blechdickenzunahmen abhängen. So erfordern Bauteile mit größeren Ziehtiefen, die auch im Flansch größere lokale Blechdickenunterschiede aufweisen, höhere Dichtkräfte. Die höheren Dichtkräfte haben auch indirekt höhere mittlere Flächenpressung zwischen Werkstück-Werkzeug im Flansch zu Folge und somit Einfluss auf die Formgebungsgrenzen und auf die tribologischen Anforderungen. So konnten z.B. Bauteile mit einem fiktiven Ziehverhältnis von ß~ 1,53 noch mit einem konventionellem Ziehöl ausgeformt werden. Bauteile mit einem fiktiven Ziehverhältnis von ß ~ 1,96 erforderten hingegen schon die Verwendung von Schmierstoffen, wie z.B. PTFE-Folie oder Wachs-Emulsion, die geringere Reibzahlen aufweisen.

Die experimentellen Untersuchungen zur Konturausformung wurden anhand zweier Werkzeugsysteme durchgeführt. An einem so genannten Werkzeugsystem der ersten Generation wurden rechteckige Bauteile, deren Halbschalen Ziehtiefen von bis zu 60 mm besaßen (Ziehverhältnis ß ~ 1,96) ausgeformt. Mit diesem Werkzeug war es auch möglich asymmetrische Bauteile auszuformen, also Bauteile deren Halbschalen unterschiedliche Ziehtiefen besaßen, z.B. Unterhalbschale Ziehtiefe 30 mm und Oberhalbschale 60 mm.

Die Erprobung der Prozesskette Konturausformen mittels Innendruck, Schneiden von Aussparungen mittels Innendruck sowie der Einsatz der Druckfügetechnik im Umformwerkzeug erfolgte in einem weiteren Werkzeug, welches pro Halbschale zwei unterschiedliche Ziehtiefenniveaus aufweist. Mit diesem Werkzeug war es möglich ein komplexes hohlförmiges Bauteil aus zwei Blechplatinen auszuformen, zeitlich versetzt zwei Aussparungen in das Bauteil entweder mit oder gegen den Innendruck einzubringen sowie im Anschluss an die Innenhochdruck-Prozesse die beiden ausgeformten Halbschalen im Umformwerkzeug mittels der Druckfügetechnik an 5 Punkten zu verbinden. Die Zielsetzung des Forschungsvorhabens, ein flexibles Fertigungssystem zur Herstellung hohlförmiger Bauteile mit dem Verfahren Innenhochdruck-Umformen von Blechen zu entwickeln, konnte somit erreicht werden.


.

xxnoxx_zaehler