EFB-Forschungsbericht Nr. 142

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Vergleichende Untersuchungen zur Simulation von Stufenfolgen bei der Herstellung von rotationssymmetrischen Umformteilen

Verfasser:
Wolfgang Voelkner, Dietmar Süße

ISBN 978-3-86776-139-0 - 102 Seiten, 58,90 €


Zusammenfassung

EFB/AiF-Forschungsvorhaben 10887 B

Besonders kleine und mittlere Unternehmen als Zulieferbetriebe müssen entsprechend der Markttendenz zu kleineren Stückzahlen schnell auf Angebotsanfragen reagieren können und bei Auftragserteilung ebenso schnell und kostengünstig produzieren. Entsprechender zeitlicher und finanzieller Spielraum besteht nur in der Produktionsvorbereitungsphase. Um entsprechende Marktvorteile zu erzielen, ist die genauere Vorausbestimmung der teilspezifischen Werkzeuggeometrie einschließlich der Blechdickenänderung und der notwendigen technologischen Kenngrößen wie Umformkraft, Umformweg zur Produktion eines qualitätsgerechten Werkstückes unabdingbar.

Bei der Ermittlung der Blechdickenabnahme versagen im allg. die elementaren Theorien, obwohl diese Kenngröße entscheidend für den späteren Einsatz des Bauteiles ist. Die geforderten Blechdickenabnahmen z.B. max. 20% bei Sicherheitsteilen können durch das Simulationssystem in einer Phase der Produktion überprüft werden, wo kostengünstige Änderungen möglich sind. Durch die Simulation wird es möglich, besonders für kleine und mittlere Unternehmen in einer frühen Phase der Produktion ohne eine Vielzahl von kosten- und zeitintensiven Versuchen eine für das jeweilige Werkstück optimierte Gestaltung der Werkzeuggeometrie und der Stufenfolge sowie der technologischen Einstellgrößen zu erhalten. Dabei wird die genauere Geometrie und die Maße der Werkstücke durch Neugestaltung der Werkzeuge erzielt. Diese aus der Simulation gewonnenen Vorgaben bilden die Grundlage für den Werkzeugbau und die Einrichtung der Maschinen.

Dies führt zu einer Verkürzung der Produktionsanlaufphase und zu einer Erhöhung des Nutzungsgrades der investitionsintensiven Fertigungseinrichtungen und sichert vor allem Unternehmen des Klein- und Mittelstandes eine größere Effizienz und Marktfähigkeit. Weiterhin können Aussagen zur beanspruchungsgerechten Auslegung des Teiles und zu Produkteigenschaften getroffen werden. Mit einem Simulationsprogramm kann im Zusammenspiel zwischen Teilekonstrukteur, Werkzeugkonstrukteur und Technologe ein beanspruchungsgerecht konstruiertes Werkstück mit darauf abgestimmter Werkzeuggeometrie und Stufenfolge mit dazugehörigen technologischen Daten in kürzerer Zeit hergestellt werden.

Für eine exakte Simulation mehrstufiger Umformprozesse mit aussagekräftigen Ergebnissen ergibt sich daher eine besondere Herausforderung. Treten aufgrund ungenauer Beschreibungen der Einflussparameter des zu simulierenden Prozesses Ungenauigkeiten in den Ergebnissen auf, so werden diese nicht nur von einer Umformstufe zur nächsten mitgenommen, sondern es kann zu einer Kumulierung der Fehler kommen. Die Simulation kann dann eventuell ein völlig unbrauchbares Resultat liefern.

Es ist daher unbedingt erforderlich auf eine exakte Vorgehensweise bei der Berechnung (Simulationsmodell, Stoffgesetz usw.) zu achten. Bei einem realen mehrstufigen Umformprozess tritt bei einer sinnvoll, jedoch nicht exakt gewählten Stufenauslegung ein Versagen mit größter Wahrscheinlichkeit erst in einer späteren Umformstufe auf, wenn das Umformvermögen des Materials erschöpft ist. Bei der Optimierung eines derartigen mehrstufigen Prozesses in Richtung einer fehlerfreien Produktion genügt es jedoch nicht die Werkzeugkonturen nur in einer Stufe anzupassen, vielmehr wird die Ursache für das Versagen zumeist schon in einer der ersten Produktionsstufen gelegt.

Derartige Zusammenhänge und Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Stufen in praktischen Versuchen zu ermitteln ist sehr kosten- und zeitaufwendig. Für eine sichere und fehlerfreie Produktion muß aber dieses Prozesswissen und -verständnis vorhanden sein. Was aufgrund des sehr großen Aufwandes mit praktischen Versuchen nicht möglich erscheint, ist mit der Simulation als leistungsfahiges Hilfsmittel gut machbar. Mit gezielt durchgeführten Parameterveränderungen werden die Wechselwirkungen und auch eventuelle grundsätzliche Fehler erkannt und damit der Prozess in systematischer Weise verstanden, optimiert und produktionssicher gemacht.

In dieser Arbeit wurde am Beispiel einer Prozeßsimulation zur Herstellung einer Radscheibe die Handhabung und Durchführung mit den Simulationsprogrammen DEFORM, PSU, NI-SCHA, MARC, PAM-STAMP, Optris und AutoForm bewertet. Gegenübergestellt wurden kommerzielle und universitäre Programmpakete. Insbesondere das Programm NISCHA wurde in seinen Möglichkeiten und Eigenschaften dargestellt.

Die Berechnungsergebnisse, dargestellt als Blechdickenverlauf über den Radius, ermöglichen eine gute Aussage über die Vorgänge und Problembereiche der hier ausgewählten Prozeßsimulation. Qualitativ stimmen die Ergebnisse der Simulationsprogramme gut überein. Neben der Berechnungsgenauigkeit ist auch die benötigte Rechenzeit ein wichtiger Faktor der Leistungsfähigkeit von Simulationsprogrammen. Eine erhöhte Genauigkeit bei der Berechnung wird im allgemeinen durch einen erheblichen Mehraufwand an Rechenzeit erkauft. Die benötigte Rechenzeit beeinflußt nicht nur die Kosten, sondern auch die Praktikabilität des Programms.

Ein weiterer Nachteil ist dabei ein hoher Vorbereitungsaufwand für die Simulationsberechnungen, da der größte Prozentanteil bei Simulationsrechnungen bei der Vorbereitung, dem Preprocessing liegt. Diesem Fakt kann nur durch bedienergerechte und einfache Gestaltung der Oberflächen begegnet werden. Speziell zugeschnittene Programme sind einfach zu bedienen aber eingeschränkt nutzbar, und umgekehrt.

Die Zielgruppe des Simulationssystems NISCHA ist der Werkzeugkonstrukteur mit seinem typischen Ausbildungsprofil und Erfahrungsschatz, dem mit dem System ein praktikables Hilfsmittel zur Stufenfolgensimulation zur Verfügung gestellt wird. Nach einer relativ geringen Einarbeitungszeit ist der Werkzeugkonstrukteur in der Lage, effektiv mit dem System zu arbeiten. In einem Unternehmen des Klein- und Mittelstandes ist dazu kein speziell ausgebildeter FE- bzw. Simulationsspezialist notwendig, was zur Einsparung von Personalkosten beiträgt.

Mit dem erarbeiteten Simulationssystem ist es möglich, mit vertretbaren Aufwand den gesamten Umformvorgang zu simulieren und als bestimmende Größe die Umformkraft und weitere interessierende Größen wie Dehnungen und Spannungen zu ermitteln. In diesem Simulationssystem können alle rotationssymmetrischen Umformvorgänge realitätsnah unter Einbeziehung aller relevanten Parameter wie Werkzeuggeometrie, Kontaktbedingungen und Werkstoffkennwerten untersucht werden.


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