EFB-Forschungsbericht Nr. 160

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Bedeutung der Umformtemperatur und -geschwindigkeit bei der Blechumformung austenitischer Edelstähle

Verfasser:
Wolfgang Bleck, Andreas Frehn, Dieter Janke, Armin Franke

ISBN 978-3-86776-289-2 - 170 Seiten, 102,70 €


Zusammenfassung

EFB/AiF-Forschungsvorhaben 11788 B

Ausgangspunkt, der im Rahmen des Forschungsvorhabens "Bedeutung der Umformtemperatur und -geschwindigkeit bei der Blechumformung austenitischer Edelstähle" durchgeführten Untersuchungen war die unzureichende Charakterisierung der Umformeigenschaften von austenitischen nichtrostenden Stählen in Abhängigkeit von Verarbeitungstemperatur und -geschwindigkeit.

Speziell beim metastabilen austenitischen nichtrostenden Stahl 1.4301 treten bei der Weiterverarbeitung von Feinblechen chargen- 'oder bandpositionsabhängige Unterschiede im Verarbeitungsverhalten auf, die im wesentlichen auf die starke Abhängigkeit des Werkstoffverhaltens von der chemischen Zusammensetzung und der daraus resultierenden Austenitinstabilität, von den bei der Umformung auftretenden Spannungszuständen und von der Verarbeitungstemperatur in Zusammenhang mit der auftretenden Austenit-Martensit-Umwandlung zurückzuführen sind. Das Ziel des Forschungsvorhabens war, die beschriebenen Einflussgrößen mit Hilfe geeigneter Prüfverfahren zu untersuchen und die Auswirkungen einer Martensitumwandlung bei der Blechumformung abzuschätzen.

Die Ergebnisse der quasistatischen Zugversuche ergaben eine ausgeprägte Temperaturabhängigkeit. Hohe Festigkeiten infolge erheblicher a'- Martensitumwandlung wurden dabei bei niedrigen Prüftemperaturen beobachtet. Ein Maximum der Gleichmaßdehnung konnte bei Temperaturen erreicht werden, bei denen eine bestimmte Menge an e- und ae'- Martensit entsteht. Diese Temperaturen unterliegen einer Abhängigkeit von der chemischen Zusammensetzung und korrelieren mit den in der Literatur bekannten Md30- Temperaturen. Anhand dieser Temperaturen konnten die Stähle in Stabilitätsklassen eingeteilt werden.

Eine Erhöhung der Prüfgeschwindigkeit im Zugversuch wirkte sich in Form einer stärkeren adiabatischen Erwärmung auf die mechanischen Eigenschaften und die gemessenen Martensitgehalte aus. Ein reiner Geschwindigkeitseffekt kann ebenfalls nicht ausgeschlossen und sollte anhand weiterer geeigneter Prüfungen näher untersucht werden.

Eine Übertragung der Verhältnisse aus dem Zugversuch auf mehrachsige Prüfverfahren ist schwer zu realisieren, da bei unterschiedlichen Spannungszuständen einerseits unterschiedlich hohe Martensitmengen gebildet, andererseits unterschiedlich hohe Martensitmengen zu optimaler Umformbarkeit benötigt werden. Eine Temperaturerhöhung auf 60°C wirkt sich beispielsweise bei der  

Bestimmung des Grenzziehverhältnisses im Näpfchentest positiv aus, da die hohen Martensitgehalte, die bei Raumtemperatur entstehen, bei dieser Temperatur auf ein optimales Maß reduziert werden. Anhand der Ergebnisse wurde eine für verschiedene Anwendungsfälle gültige Matrix erstellt, die es dem Blechverarbeiter von Feinblechen austenitischer nichtrostender Stähle ermöglicht, einen austenitischen Stahl hinsichtlich seiner Stabilität und seiner je nach Spannungszustand optimalen Umformparameter einteilen zu können.

Für die Praxis ergibt sich die Notwendigkeit, die Parameter Umformtemperatur und -geschwindigkeit während des Umformprozesses genau zu kontrollieren, da bereits geringe Abweichungen zu Änderungen im Umformverhalten führen. Eine Ausnutzung der erheblichen Temperaturabhängigkeit dieser Stähle, die zu einer Erweiterung der Versagensgrenzen führt, sollte in Form von partiell temperierbaren Werkzeugen realisiert werden.

 


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