EFB-Forschungsbericht Nr. 511

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Interaktive Reparaturwerkstatt der Zukunft für Elektromobile in CFK-Bauweise

Teil 1: Multisensorbasierte Schadenserkennung und Qualitätssicherung im CFKReparaturprozess

Teil 2: Methodenentwicklung zur strukturmechanischen Schadensabbildung und -bewertung faserverstärkter Kunststoffe und zur Auslegung von Reparaturkonzepten

Teil 3: Entwicklung von Methoden zur wirtschaftlichen Reparatur von geschädigten FVK-Strukturbauteilen unter Berücksichtigung der Reparaturwerkstattbedingungen mittels flexibler und neuartiger Fertigungs- und Fügeverfahren

efb511

Verfasser:
Prof. Dr.-Ing. Christian Hopmann, Dipl.-Wirt.-Ing. Arne Böttcher, M.Sc. Philipp Nicolas Wagner, Institut für Kunststoffverarbeitung in Industrie und Handwerk der RWTH Aachen - Univ.-Prof. Dr.-Ing. Uwe Reisgen, Dr.-Ing. Alexander Schiebahn, M.Sc. Julia Schoft, Institut für Schweißtechnik und Fügetechnik der RWTH Aachen - Univ.-Prof. Dr.-Ing. Gerhard Hirt, Dr.-Ing. David Bailly, M.Sc. Roman Schmitz, Institut für Bildsame Formgebung der RWTH Aachen - Univ.-Prof. Dr.-Ing. Robert Schmitt, Philipp Nienheysen, M.Sc., M.Sc. Sarah Ekanayake, Lehrstuhl für Fertigungsmesstechnik und Qualitätsmanagement am Werkzeugmaschinenlabor der RWTH Aachen - Univ.-Prof. Dr.-Ing. Lutz Eckstein, Dipl.-Ing. Katharina Bethlehem-Eichler, Dipl.-Ing. Ralf Matheis, Institut für Kraftfahrzeuge der RWTH Aachen - Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. Jürgen Roßmann, Dipl.-Inf. Daniel Losch, Institut für Mensch-Maschine-Interaktion der RWTH Aachen

296 Seiten - 105,00 EUR (sw, 171 teils farbige Abb., 15 Tab.)
ISBN 978-3-86776-565-7

Förderhinweis

Das Forschungsvorhaben "Interaktive Reparaturwerkstatt der Zukunft für Elektromobile in CFK-Bauweise" enthält die Ergebnisse von drei Teilprojekten. Es sind die industriellen Gemeinschaftsforschungsvorhaben AiF-Nr: 18757N " Multisensorbasierte Schadenserkennung und Qualitätssicherung im CFKReparaturprozess" und 18758N " Methodenentwicklung zur strukturmechanischen Schadensabbildung und -bewertung faserverstärkter Kunststoffe und zur Auslegung von Reparaturkonzepten" der Vereinigung zur Förderung des Instituts für Kunststoffverarbeitung in Industrie und Handwerk an der RWTH Aachen e.V. und das industrielle Gemeinschaftsforschungsvorhaben EFB/AiF-Nr: 26LN " Entwicklung von Methoden zur wirtschaftlichen Reparatur von geschädigten FVK-Strukturbauteilen unter Berücksichtigung der Reparaturwerkstattbedingungen mittels flexibler und neuartiger Fertigungs- und Fügeverfahren" der Forschungsvereinigung EFB e.V.
Sie wurden über die Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen (AiF) im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Der Abschlussbericht ist als EFB-Forschungsbericht Nr. 511 erschienen und bei der EFB-Geschäftsstelle und im Buchhandel erhältlich.

Zusammenfassung

Im Rahmen des ersten Teilprojektes sollte ein Sensorsystem basierend auf dem Konzept der Sensordatenfusion zur Erkennung von CFK-Fahrzeugschäden entwickelt werden. Aufbauend auf den gewonnenen Erkenntnissen sollten die weiteren Projekte die strukturmechanische Bewertung und die konturgenaue Reparatur durchgeführt werden, welche anschließend an einem Demonstratorbauteil verifiziert werden soll.

In einem ersten Schritt wurden unterschiedliche Sensoren für die CFK-Schadensdetektion messtechnisch bewertet und anhand des IDENT-Verfahrens hinsichtlich ihrer Eignung für den Einsatz im Kfz-Werkstattumfeld qualifiziert. Ausgewählte Sensorik, Thermografie und Ultraschall, wurden weiterhin messtechnisch an kalibrierten Prüfmusterplatten, unterschiedlich geschädigten Prüfmusterplatten und Demonstratorbauteilen untersucht und anhand digitaler Bewertungskriterien bewertet.

Beispielsweise wurde die Auflösung der Thermografie- und Ultraschallprüfung für den Prüfprozess ermittelt. Das zweite wichtige Projektergebnis war die Datenfusion der einzelnen Sensordaten im Gesamtdatenmodell. Hierzu wurden mithilfe von Markern Geometriemodell und Thermografiedaten in einem globalen Referenzsystem zueinander ausgerichtet und aufeinander abgebildet, wodurch Schadensregionen (ROI) und Kanten im virtuellen Modell unterschieden werden können. Damit kann die ROI auch an realen Bauteilen automatisiert detektiert werden. Zur exakten Bestimmung der Schadensgeometrie wurde ein für die Werkstatt geeignetes Ultraschallmesssystem entwickelt, welches anhand einer Fusion von Geometrie- und Ultraschallmessdaten automatisiert die Lage und die geometrische Ausdehnung eines Schadens im Bauteil bestimmt.

Schließlich wurden während des Projektes umfangreiche messtechnische Untersuchungen an unterschiedlich geschädigten CFK-Strukturen mit dem Ziel durchgeführt, ein Grundlagenwissen über die Prüfprozesseignung der Einzelsensorik und des entwickelten kombinierten Sensorsystems zu erhalten. Zudem wurde das kombinierte Sensorsystem an Demonstratorbauteilen getestet. Mit diesem Testlauf konnte gezeigt werden, dass die entwickelten Algorithmen zur automatisierten Schadensdetektion zur Implementierung im bestehenden Kfz-Werkstattumfeld verwendet werden können.

Innerhalb der Forschungsarbeit ist es gelungen, Grundlagenwissen über die Thermografie-und Ultraschallprüfung zu erarbeiten. Dieses Wissen konnte bei der Entwicklung des kombinierten Sensorsystems zur Erkennung von CFK-Fahrzeugschäden genutzt werden. Durch die Bestimmung und Wiedergabe der konturgenauen Schadensgeometrie im virtuellen Schadensmodell wurde das Forschungsvorhaben im Kontext der CFK-Reparatur erfolgreich bearbeitet.

Die technische Problemstellung des zweiten Teilprojektes teilt sich in zwei wesentliche Aspekte: Zum einen die Bereitstellung einer virtuellen Methode zur Vorhersage des Verhaltens beschädigter FVK-Bauteile zur strukturmechanischen Bewertung detektierter Schäden hinsichtlich Funktion und Sicherheit, zum anderen die Bereitstellung von Grundlagen zur kostengünstigen virtuellen Auslegung von Konzepten zur Reparatur beschädigter FVK-Strukturen.

Die wirtschaftliche Problemstellung besteht in einer zeiteffizienten kostengünstigen, virtuellen Bewertung von Schäden an FVK-Bauteilen, die eine zielgerichtete, lokale Reparatur zu geringeren Reparatur- und somit niedrige Versicherungskosten erlaubt. Die hier zu erarbeitenden Konzepte der virtuellen Bewertung und Reparaturauslegung sind Teil der durch das Gesamtprojekt angestrebten Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit von KMU im Umfeld der Instandhaltung von Fahrzeugen aus faserverstärkten Kunststoffen.

In Teilprojekt 2 wurden Methoden zur Schadensbewertung von CFK erarbeitet. Dazu wurde zunächst eine Anforderungsanalyse zu möglichen Methoden der Schadensbewertung durchgeführt. Es wurde eine Bewertung der Schäden mittels Versuch und Simulation nach sensorunterstützter Schadenserfassung als geeignet identifiziert. Ebenso wurde gezeigt, dass numerische Methoden auch bei der Auslegung von CFK-Reparaturen vorteilhaft gegenüber anderen Methoden sind. Teil der Anforderungsanalyse war ebenso die Auswahl geeigneter Strukturen und Materialien zur Auslegung der Methoden zur Schadensbewertung.

Anschließend wurden die notwendigen Daten für die Entwicklung der Methoden der Scha-densbewertung generiert. Dazu wurde ein Prüfprogramm für beschädigte sowie unbeschädigte CFK-Laminate in quasistatischen und dynamischen Versuchen erarbeitet. Die Charakterisierung der Klebstoffkennwerte zur Auslegung der Reparaturstelle erfolgte unter Anwendung des Arcan-Tests.
Auf Basis der quasistatischen Versuchsergebnisse wurde zunächst ein geeigneter Simulationsansatz für LS-DYNA definiert und danach Simulationsmodelle der durchgeführten Versuche aufgebaut.

Basierend auf realen Schadensdaten von beschädigten Versuchskörpern wurden die Simulationsmodelle kalibriert und durch iteratives Vorgehen konnte ein Materialmodell für die beschädigten Bereiche anhand der quasistatischen Versuche ermittelt werden. Durch ein Übertragen dieses Materialmodells auf die Simulationsmodelle der dynamischen Versuche konnte die Anwendbarkeit des Ansatzes gezeigt werden.

Im dritten Teilprojekt stand die Erarbeitung von Methoden zur Reparaturpatchfertigung sowie zur Reparaturdurchführung im Fokus.

Die technische Problemstellung teilt sich dementsprechend in zwei wesentliche Aspekte: Zum einen der Entwicklung einer geeigneten Werkzeug- und Prozesstechnik für die Fertigung individueller, an die spezifische Schadensstelle angepasster Reparaturpatches sowie der Erarbeitung einer geeigneten Methode zur Reparatur der geschädigten CFK-Struktur mithilfe des gefertigten Reparaturpatches in einer ansässigen Werkstatt.

Die Zielsetzung des Projektes liegt darin, eine Reparaturstrategie zu ermöglichen, welche zu einer Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit von kmU im Umfeld der Instandhaltung von Fahrzeugen aus faserverstärkten Kunststoffen führt. Durch die Entwicklung standardisierter Reparaturverfahren für CFK-Bauteile in Kombination mit einem dezentralen Reparaturablauf, werden im Rahmen dieses Projektes Grundlagen zur Befähigung von kmU-Werkstätten zur Reparatur von CFK-Strukturen erarbeitet. Weiterführende Arbeiten zur Infrastruktur, der dezentralen Reparaturstrategie, inklusive möglicher Geschäftsmodelle und Ausbildungskonzepte sowie einer Übertragbarkeit dieses Konzepts in die Wirtschaft ist für eine zweite Projektphase vorgesehen.

Der dezentrale Reparaturablauf sieht vor, dass die Fertigung der Reparaturpatches, basierend auf der Schadensdetektion und -bewertung, bei einem Dienstleister umgesetzt wird. Dieser Dienstleister verfügt über das notwendige Knowhow sowie die entsprechende Anlagen- und Werkzeugtechnik.

Im Rahmen dieses Vorhabens wurde basierend auf einer Anforderungsdefinition und einer Recherche zum Stand der Technik ein für die individuelle Fertigung von Reparaturpatches aus CFK geeignete Werkzeugtechnologie entwickelt, umgesetzt und in Betrieb genommen. Das Werkzeug verfügt über eine flexible Kavität, welche je Werkzeughälfte aus 3.600 einzelnen Stiften aufgebaut ist.

Diese Stifte lassen sich individuell z. B. durch Einstellelemente in eine gewünschte, der Bauteilgeometrie entsprechende Position bringen. Durch eine Klemmung der Stifte in einer definierten Position über die Kompression eines in das Werkzeug integrierten Elastomerblocks können mit dem Werkzeug Innendrücke von 15 bar realisiert werden. Zudem kann das Werkzeug bis auf 140 °C temperiert werden. Das flexible Werkzeug wird in einen Doppel-Diaphragma-Prozess (DDF) integriert, wodurch die Fertigung von Reparaturpatches mit duroplastischer und thermoplastischer Matrix ermöglicht wird.

Die verfolgte Reparaturstrategie sieht vor, dass die gefertigten Reparaturpatches an Werk-stätten verschickt werden, welche die Reparatur am Fahrzeug vornehmen. Im Rahmen des Vorhabens wurde hierzu eine Methode zur Reparatur von CFK-Strukturen entwickelt, welche auf dem Schäften des Reparaturpatches und der Schadenstelle am Fahrzeug und einem darauffolgenden Klebprozess basiert. Es wurden geeignete Werkzeuge für den Schäftprozess, geeignete Parameter sowie ein optimaler Schäftwinkel identifiziert. Zudem wurden Oberflächenbehandlungsverfahren und unterschiedliche Klebstoffe evaluiert, woraus konkrete Empfehlungen für den Reparaturprozess und die zu verwendenden Materialien abgeleitet wurden. Mit Blick auf die Durchführbarkeit der Reparatur in einer Werkstatt, wurden Messungen zur Bewertung der Arbeitssicherheit unternommen.

Neben der Reparatur von CFK-Bauteilen mit CFK-Reparaturpatches wurden auch alternative Reparaturmethoden untersucht. So wurden beispielsweise metallische Reparaturpatches unterschiedlicher Geometrie direkt auf die beschädigte CFK-Komponenten aufgebracht. Hierbei kamen Kleb- und Nietprozesse zum Einsatz. Solche Verfahren können in Einzelfällen durchaus eine wirtschaftliche und geeignete Alternative darstellen, bringen jedoch bei starken Belastungen bleibende Verformungen und teilweise Versprödung der Struktur mit sich.

Abschließend wurden die Erkenntnisse und die erarbeiteten Methoden zur flexiblen Werk-zeugtechnologie und zur Reparatur in Leitfäden zusammengefasst.

 

 


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