EFB-Forschungsbericht Nr. 473

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Entwicklung eines Umformbarkeitskriteriums für nichtrostende austenitische Blechwerkstoffe unter Einbezug der Austenitstabilität

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Verfasser:
Univ.-Prof. Dr.-Ing. Mathias Liewald, Dipl.-Ing. Matthias Schneider, Institut für Umformtechnik, Universität Stuttgart  

114 Seiten - 71,00 EUR (sw, 51 teils farbige Abb., 24 Tab.)
ISBN 978-3-86776-524-4



Zusammenfassung

Im Rahmen des IGF Vorhabens Nr. 18547N wurde ein Kennwert zur Bestimmung der Austenitstabilität für die Verarbeitung nichtrostender austenitischer Stahlwerkstoffe entwickelt. Der neu entwickelte Kennwert beruht nicht auf der chemischen Zusammensetzung des Werkstoffs. Stattdessen wird der Kennwert im uniaxialen Zugversuch bestimmt. Darüber hinaus wurde anhand dieses Kennwerts ein Zusammenhang zwischen Austenitstabilität und Umformverhalten untersucht. Daraus wurde ein Umformbarkeitskriterium definiert. Beide Ergebnisse stellen zusammen den Anwendern ein Hilfsmittel zur Verfügung, um das Umformverhalten von metastabilen austenitischen nichtrostenden Stählen in Bezug auf ihren individuellen Prozess besser einschätzen zu können.

Somit können auch unbekannte Ausführungen, Chargenschwankungen oder Temperatureinflüsse ohne Kenntnis der chemischen Zusammensetzung oder des Gefügezustands des Werkstoffs kostengünstig erfasst und in der entsprechenden Prozessvorauslegung berücksichtigt werden.

Im Rahmen des Projektes wurde der uniaxiale Zugversuch nach DIN EN ISO 6892-1 modifiziert und erweitert. Durch eine lokale Martensit- und Formänderungsmessung kann die Martensitbildung gemessen werden. Die lineare Steigung der Martensitbildung wurde im Projekt als neues Austenitstabilitätskriterium definiert.

Für die charakterisierten, austenitischen nichtrostenden Stähle wurde die Umformbarkeit mithilfe der Erichsentiefung (Streckziehen) und des Grenzziehverhältnisses (Tiefziehbarkeit) definiert. Die ermittelten umformtechnischen Kennzahlen wurden anschließend mit dem neuen Austenitstabilitätskriterium mMartensit korreliert. Bezüglich der Streckziehbarkeit konnte ein legierungsübergreifender Zusammenhang zwischen Austenitstabilität und Streckziehbarkeit ermittelt werden. Für die Tiefziehbarkeit der untersuchten Werkstoffe ist eine entsprechende legierungsübergreifende Aussage nicht möglich. Chargenabhängige Änderungen der Tiefziehbarkeit können mit dem neuen Kriterium allerdings besser als bisher erfasst und bewertet werden. Für den Werkstoff 1.4301 ergibt sich somit folgende Aussage: Mit zunehmender Austenitstabilität und damit abnehmender Martensitbildung, werden höhere Grenzziehverhältnisse erreicht.

Darüber hinaus konnte für die Materialien, die kein stark sprödes Verhalten aufweisen, eine lineare Korrelation zur Zugfestigkeit, der Bruch- und der Gleichmaßdehnung festgestellt werden. Ebenfalls konnte mithilfe der gemessenen Stempelkräfte im Tiefziehprozess aufgezeigt werden, dass es möglich ist, die vorliegende Austenitstabilität eines Werkstoffs mithilfe der auftretenden Stempelkräfte zu bestimmen. Abschließend wurden die umformtechnischen Kennzahlen an zwei Beispielbauteilen aus dem projektbegleitenden Ausschuss validiert.

Das IGF-Vorhaben „Entwicklung eines Umformbarkeitskriteriums für nichtrostende austenitische Blechwerkstoffe unter Einbezug der Austenitstabilität" der Forschungsvereinigung EFB e.V. wurde unter der Fördernummer AiF 18547N über die Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen (AiF) im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Der Abschlussbericht ist als EFB-Forschungsbericht Nr. 473 erschienen und bei der EFB-Geschäftsstelle und im Buchhandel erhältlich.

BMWI-DE


Summary

By this IGF project no. 18547N, a new austenite stability criterion for forming objectives of stainless sheet metal alloys was developed, which is not based on the chemical composi-tion, but on results gained by a simple experimental set-up of an uniaxial tensile test. Fur-thermore, a relationship between mentioned criterion and formability of stainless sheet metal also was investigated in this study. Stability criterion and quantified formability both do provide dedicated processing guidelines to the user to estimate the forming behaviour of meta-stable austenitic stainless steels.
Therefore with this it is possible to take batch fluctuation and temperature effects during forming into account for any process design. A determination of the chemical composition or texture characterization is no longer needed for production process layout.

During the project, a uniaxial tensile test was modified and expanded by a martensite concentration measurement. With this set-up, the martensitic formation was measured in correlation to the major strain and a linear growth of the martensitic formation was defined as austenitic stability criterion. The formability of investigated austenitic stainless steels was defined by the determination of the Erichsen depth indication (for stretch forming) and the maximum drawing ratio (for deep drawing).

These values were correlated with the austenitic stability criterion. For stretch forming, a relation between different austenitic stainless steel alloys was investigated. When increasing the instability of the austenite, the stretch formability rises. For highly instable austenitic stainless steels, a strong embrittlement emerges and stretch formability decreases tremendously. For deep drawing objectives a correlation was only found for similar alloys, in this project for 1.4301 was investigated in detail. When increasing the austenitic stability the martensitic formation decreases, so the drawing ratio can be increased. Furthermore, a relationship between the austenitic stability of ductile steel grades and tensile strength value, elongation and uniform elongation was detected in this study.

In addition, an investigation of the drawing forces showed that today it becomes possible to determine the austenitic stability by measuring process forces during forming. Finally, the austenitic stability criterion and the characteristic values specifying materials formability were validated by two different exemplary part geometries supplied by associated companies with the project.


Inhaltsverzeichnis

Zusammenfassung
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis, Indizes und Formelzeichen
Abkürzungsverzeichnis
Indizes
Formelzeichen
1 Einleitung
1.1 Ausgangssituation und Motivation
1.2 Problemstellung
1.3 Zielsetzung des Forschungsprojektes
2 Stand der Technik
2.1 Einteilung der nichtrostenden Stähle
2.2 Eigenschaften und Anwendungsgebiete der unterschiedlichen rostfreien Stähle
2.3 Grundlagen zur dehnungsinduzierten Martensitbildung metastabiler austenitischer nichtrostender Stahlbleche
2.3.1 Grundlagen der dehnungsinduzierten Martensitbildung in austenitischen Werkstoffen
2.3.2 Einfluss von Temperatur und Umformgeschwindigkeit auf die dehnungsinduzierte Martensitbildung
2.3.3 Austenitstabilität und Einfluss der chemischen Zusammensetzung auf die Martensitbildung
2.4 Klassifizierung der Austenitstabilität und Modelle der dehnungsinduzierten Martensitbildung
2.5 Grundsätzliche Auswirkungen der Austenitstabilität auf die Umformeigenschaften
3 Vorgehensweise
4 Versuchsaufbau
4.1 Untersuchte Legierungen
4.2 Umformversuche
4.2.1 Erichsentiefung
4.2.2 Napfziehversuche
4.3 Zugversuche
4.3.1 Vorarbeiten bezüglich des Versuchaufbaus
4.3.2 Weiterentwicklung des Versuchsaufbaus
5 Materialcharakterisierung nach dem Stand der Technik
5.1 Chemische Analyse der Legierungen
5.2 Metallographische Untersuchung der Legierung
5.3 Ermittlung der Md30-Temperatur
5.4 Oberflächenrauigkeit und Härtemessung der untersuchten Blechwerkstoffe
6 Auswertung der Zugversuche
6.1 In-situ Messung der Martensitbildung
6.1.1 Standardzugversuche in Walzrichtung
6.1.2 Ergänzende Betrachtung der Ergebniseinflüsse
6.2 Nachträgliche Messung der Martensitbildung
6.2.1 Messung mit Berücksichtigung der Entwicklung des Martensitgehaltes der Werkstoffe
6.2.2 Messung ohne Berücksichtigung des Martensitanstiegs der Werkstoffe (Maximalwertmessung)
7 Auswertung der Umformversuche
7.1 Streckziehbarkeit: Erichsentiefung
7.2 Tiefziehbarkeit: Grenzziehverhältnis
8 Ermittlung der umformtechnischen Kennwerte
8.1 IFU-Austenitstabilitätskriterium
8.2 Alternative Bestimmung der Austenitstabilität
8.2.1 Nachträgliche Bestimmung der Martensitbildung
8.2.2 Nachträgliche Bestimmung eines Maximalwertes
8.3 Kennzahlen des Zugversuches
8.4 Kennzahlen der Streckziehbarkeit
8.5 Kennzahlen der Tiefziehbarkeit
8.6 Bestimmung der auftretenden Ziehkräfte
9 Validierung der Kennzahlen an Musterbauteilen
9.1 Prototypenbauteil: Kragenzug
9.1.1 Betrachtete Werkstoffe
9.1.2 Bauteilanalyse
9.1.3 Bewertung der Umformbarkeit
9.2 Spülmaschinentür
9.2.1 Betrachtete Werkstoffe
9.2.2 Validierung der Kennzahlen
9.2.3 Bauteilanalyse
9.2.4 Bewertung der Umformbarkeit
10 Zusammenfassung und Ausblick
11 Darstellung des wissenschaftlich-technischen und wirtschaftlichen Nutzens der Ergebnisse für KMU
11.1 Wissenschaftlich-technische Nutzen
11.2 Wirtschaftlicher Nutzen für KMU
12 Literaturverzeichnis
13 Anhang
Anhang A: Versuchsplan Zugversuche
Anhang B: Gemittelte Messergebnisse des Martensitgehaltes, der Fließkurve und der Temperatur (v = 70 mm/min; T0 = 20° C)

 

 


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