EFB-Forschungsbericht Nr. 565

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Entwicklung neuer Werkzeuglösungen für die roboterbasierte inkrementelle Umformung von Durchzügen

efb-565

Verfasser:
M. Sc. Julian Blumberg, Prof. Dr.-Ing. Eckart Uhlmann, Institut für Werkzeugmaschinen und Fabrikbetrieb, Fachgebiet Werkzeugmaschinen und Fertigungstechnik, Technische Universität Berlin - Dipl.-Ing. Markus Hirtler, M. Sc. Lemopi Isidore Besong, Dr.-Ing. Johannes Buhl, Prof. Dr.-Ing.habil. Markus Bambach, Lehrstuhl Konstruktion und Fertigung, Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg

128 Seiten - 92,00 EUR (sw, 78 teils farbige Abb., 12 Tab.)
ISBN 978-3-86776-622-7

Zusammenfassung

In dieser Arbeit wurde die Entwicklung neuer Lösungen für inkrementelle Kragenziehoperationen durch den Einsatz von Industrierobotern (IR) realisiert. Dadurch ist es möglich, komplexe Kragengeometrien an schwer zugänglichen Positionen herzustellen. Zur Erforschung der Möglichkeiten und Grenzen des Verfahrens werden experimentelle Grundlagenversuche und begleitende Simulationsberechnungen durchgeführt.

Dabei erhöht der Einsatz von IR im Bereich der Blechumformung die Prozessflexibilität aufgrund der zusätzlichen Freiheitsgrade (Degrees of freedom, DOF). Dazu können IR vielseitig eingesetzt werden und können einen großen Arbeitsraum abdecken, was Umformoperationen ermöglicht, die mit komplexen Werkzeugwegen oder konventionellen Verfahren nicht realisiert werden können.

Die Kinematik von IR erlaubt dabei eine freie Ausrichtung des Werkzeugs, sodass Werkzeug und Probe in jedem gewünschten Winkel in Kontakt kommen. Dies stellt eine enorme Erweiterung im Gegensatz zu konventionellen CNC-Maschinen dar, was auch an Demonstratoren und einem Anwendungsbeispiel eindrücklich dargestellt wurde.
Darüber hinaus ermöglicht die inkrementelle Umformung mit IR eine weitgehend formunabhängige Kragenerstellung und eine damit einhergehende Senkung der Werkzeugkosten.

Darüber hinaus wurde ein neuartiges Verfahren zur Umformung mit rotierendem Spaten entwickelt und insbesondere die Wärmeentwicklung durch Reibung in Korrelation mit den Fertigungsparametern Drehzahl und Vorschub untersucht. Das neuartige Verfahren zeigt ein großes Potenzial insbesondere für im Kalten schwer umformbare Werkstoffe.

Herausforderungen beim inkrementellen Umformen mit IR ist gleichzeitig die elastische Werkzeugabdrängung. Hierfür konnte gezeigt werden, dass diese mithilfe eines datenbasiertes GPR-Steitigkeitsmodell kompensiert werden kann. Die Methode ist dabei auf alle seriell-kinematischen IR mit sechs rotatorischen Drehgelenken unabhängig vom Typ, der Größe und zusätzlichen, individuellen Besonderheiten übertragbar.

Die Anwendungsmöglichkeiten von inkrementeller Umformung mit IR wurden abschließend durch die Einbringung eines Kragens in eine mögliche Kotflügelverstärkung aufgezeigt. Mit diesem Anwendungsbeispiel wird die volle Freiheit durch die Kinematik des Roboters genutzt, wobei der IR mit einer taumelnden Werkzeugbewegung den Kragen nach außen aufstellt. Diese sehr geringen Deformationsabweichungen sprechen für eine Roboterumformung ohne Matrize und Niederhalter.

Förderhinweis
Das IGF-Vorhaben „Entwicklung neuer Werkzeuglösungen für die roboterbasierte inkrementelle Umformung von Durchzügen" der Forschungsvereinigung EFB e.V. wurde unter der Fördernummer AiF 20457BG über die Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen (AiF) im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Der Abschlussbericht ist als EFB-Forschungsbericht Nr. 565 erschienen und bei der EFB-Geschäftsstelle und im Buchhandel erhältlich.

Summary

The development of a new infrastructure for IBU operations was realized through the use of industrial robots in this thesis. IBU geometries and settings that are difficult to access were focused. In order to investigate the possibilities and limits of the process, basic ex-perimental tests and accompanying simulation calculations are being carried out.

In this context, the use of IR in sheet metal forming increases process flexibility due to the additional degrees of freedom (DOF). In addition, IR can be used in a variety of ways and can cover a large workspace, enabling forming operations that cannot be realized with complex toolpaths or conventional processes.

The kinematics of IR allows free alignment of the tool, so that tool and specimen come into contact at any desired angle. This represents an enormous enhancement compared to conventional CNC machines, which was also impressively demonstrated using demonstrators and an application example.

In addition, incremental forming with IR enables largely shape-independent collar produc-tion and a concomitant reduction in tool costs. In addition, a novel process for forming with a rotating spade was developed and, in particular, the heat generation due to friction was investigated in correlation with the manufacturing parameters of speed and feed rate.

The novel process shows great potential, especially for materials that are difficult to form in cold conditions. Challenges in incremental forming with IR are at the same time the elastic tool displacement. It was shown that this can be compensated for with the aid of a data-based GPR rigidity model.
The method can be applied to all serial kinematic IRs with six rotary joints, regardless of type, size and additional individual features. Finally, the application possibilities of incre-mental forming with IR were demonstrated by the insertion of a collar in a possible fender reinforcement.

This application example uses the full freedom provided by the robot's kinematics, with the IR setting up the collar to the outside with a tumbling tool movement. These very small deformation deviations speak for a robot forming without die and blank holder.

Inhaltsverzeichnis

Zusammenfassung
Formel- und Kurzzeichen
Abbildungsverzeichnis
1 Projektziele und Struktur des Berichts
2 Stand der Technik
2.1 Herstellung von Durchzügen
2.2 Inkrementelles Kragenziehen
2.3 Inkrementelle Blechumformung unter Einsatz von Industrierobotern
3 Modellierung und Kalibrierung des IBU-Roboters
3.1 Geometrische Kalibrierung der Roboterkinematik
3.2 Modellierung der Roboterkinematik
3.3 Modellierung des Posefehlers
3.4 Experimentelle Kalibrierung
3.5 Experimentelle Untersuchung des Steifigkeitsverhaltens des Industrieroboters
3.6 Statische Steifigkeit
3.6.1 Dynamische Steifigkeit
3.6.2 Ermittlung des Nachgiebigkeitsfrequenzganges
3.6.3 Einfluss abtriebsseitiger Drehwinkelgeber auf das dynamische Übertragungsverhalten
3.6.4 Quasistatische Steifigkeit
3.7 Kompensation der kraftbedingten Werkzeugabdrängung
3.7.1 Steifigkeitsmodell
3.7.2 Parameteridentifikation
3.7.3 Datenbasierte Regressionsmodelle
3.8 Generierung kompensierter Werkzeugpfade
3.8.1 Praktische Validierung beim inkrementellen Kragenziehen
4 Steuerung des Industrieroboters
4.1 Steuerungsschnittstelle
4.2 Untersuchung der Programmierstrategie
5 Simulation und Optimierung der Stift- und Spatenumformung
5.1 Simulative Auslegung der Stiftumformung
5.1.1 Auslegungskriterien des IBU-Prozesses
5.1.2 Mathematische Formulierung der taumelnden Roboterkinematik zur Pfad-Optimierung
5.1.3 Aufbau der FE-Simulation
5.1.4 Definition der Optimierungsziele, Parameter und Grenzen
5.1.5 Optimierungsprozess
5.1.6 Simulationsergebnisse von drei charakteristischen Parameterkonfigurationen
5.1.7 Genauigkeiten der Kragengeometrie
5.1.8 Diskussion der Pfad-Parameter und Ergebnis der Optimierung
5.1.9 Dreiachsiger Werkzeugweg mit Überbiegung durch Taumeln
5.2 Simulative Auslegung der Spatenumformung
5.2.1 Aufbau der FE-Simulation für das spatenförmige Werkzeug
5.2.2 Simulationsergebnisse von grundlegenden Spatenformen
5.2.3 Optimierung des Spatenwerkzeuges
5.3 Beschreibung des Versagens
5.3.1 Thermomechanische Modellierung des Werkstoffs
5.3.2 Energiebasierte Modellierung des Versagens
5.3.3 Modellierung des Versagens über eine temperatur- und dehnratenabhängige Grenzform
6 Experimentelle Erprobung der Umformkonzepte
6.1 Umformung mit einem Spatenwerkzeug
6.1.1 Aufbau der Grundversuche
6.1.2 Kraft und Temperaturüberwachung während der Spatenumformung
6.1.3 Blechdicken- und Dehnungsanalyse nach der Spatenumformung
6.2 Auswirkungen der Umformprozess-Parameter auf die Dehnungspfade und erreichbaren Aufweitverhältnisse
6.2.1 Sensitivitätsanalyse der Prozessparameter an der Prozessgrenze
6.2.2 Einfluss der Vorschubgeschwindigkeit und der Drehzahl auf die Dehnungsverteilung nach der Umformung
6.2.3 Einfluss des Verhältnisses von Drehzahl auf die Umformtemperatur
6.2.4 Robuste Spatenumformung mit Prozessfenstern für verschiedene Kragenlängen
6.3 Vergleich von konventioneller-, IB- und Spatenumformung
6.3.1 Vergleich der Prozesse in Hinsicht auf erreichbare Aufweitverhältnisse
6.3.2 Vergleich der Prozesse in Hinsicht auf Prozesszeiten
6.4 Spatenumformung für hochfeste Werkstoffe
6.5 Spatenwerkzeug mit integrierter Schneide
6.5.1 Spatenwerkzeug mit integrierter Schneide
6.5.2 Dickenverteilung
7 Experimentelles Kragenziehen an Vorformen und ein Anwendungsbeispiel
7.1 Spatenumformung an streckgezogenen Vorformen
7.1.1 Vergleich von konventionellem Kragenziehen und Ziehen mit rotierendem spatenförmigem Werkzeug
7.2 Spannkonzept zur inkrementellen Umformung mittels Industrieroboter
7.2.1 Flexibles Spannkonzept
7.2.2 Positionsmessung nach Einspannung über ein optisches System
7.3 Anwendungsbeispiel
8 Ergebnisse und Ausblick
8.1 Wissenschaftlich-technischer Nutzen der Ergebnisse, insbesondere für KMU
9 Literaturverzeichnis


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